Das Bundesverwaltungsgericht hat heute ein unglaubliches, ja beschämendes Urteil gefällt. Dazu der satirische Text von Dieter Reicherter, Vorsitzender Richter am Landgericht Stuttgart a.D.:
Liebe Freundinnen und Freunde,
bekanntlich hat heute das Bundesverwaltungsgericht das Schreddern männlicher Küken für auch künftig zulässig erklärt. Noch nicht bekannt ist offenbar, dass der Hohe Senat inzwischen für das Töten alter und kranker Menschen in gleicher Weise entschieden hat.
Ich erlaube mir, in der Anlage die entsprechende Pressemitteilung zur allgemeinen Kenntnis und weiteren Verbreitung beizufügen. Auffallend an der Begründung der menschenbezogenen Tötung ist die nahezu wörtliche Übereinstimmung mit der Begründung zur Zulässigkeit der Tötung männlicher Küken
https://www.bverwg.de/de/pm/2019/47
Eine Nachfrage beim Bundesverwaltungsgericht ergab, dass heute auch noch über die Zulässigkeit der Tötung alter Blinden- und Polizeihunde sowie nutzloser Elefanten und anderer Großtiere in Zoos entschieden werden soll.
Viele Grüße
Dieter Reicherter
Hier seine satirische Version des Urteils:
- Pressemitteilung Nr. 48/2019:
Töten alter und kranker Menschen seuchenrechtlich nur noch übergangsweise zulässig
Das wirtschaftliche Interesse an speziell auf eine hohe Leistungsfähigkeit gezüchteten Menschen ist für sich genommen kein vernünftiger Grund i.S.v. § 30 Absatz 2 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) für das Töten der alten und kranken nutzlosen Esser aus diesen Zuchtlinien. Da voraussichtlich in Kürze Verfahren zur leistungsbezogenen Auswahl gesunder Menschen im Ei zur Verfügung stehen werden, beruht eine Fortsetzung der bisherigen Praxis bis dahin aber noch auf einem vernünftigen Grund. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.
Der Kläger betreibt ein Altenheim für pensionierte Beamte. Die dort untergebrachten Menschen stammen aus Zuchtlinien, die auf eine hohe Arbeitsleistung ausgerichtet sind. Für eine sinnvolle Verwendung im Ruhestand sind Menschen aus diesen Zuchtlinien wenig geeignet. Deshalb werden die nach der genannten Vorschrift abgesonderten Personen kurz nach der Feststellung der nicht mehr vorhandenen Verwendungsfähigkeit getötet. Das betraf in Deutschland im Jahr 2012 etwa 50000 Menschen. Der Beklagte untersagte dem Kläger mit Verfügung vom 18. Dezember 2013 ab dem 1. Januar 2015 die Tötung von abgesonderten Personen. Er folgte damit einem an alle Kreisordnungsbehörden des Landes gerichteten Erlass, der auf das zuständige Landesministerium zurückging.
Das Verwaltungsgericht Minden hat die Untersagungsverfügung aufgehoben, das Oberverwaltungsgericht Münster die Berufung des Beklagten zurückgewiesen: Die Tötung der abgesonderten Personen erfolge nicht ohne vernünftigen Grund i.S.v. § 30 Absatz 2 IfSG.
Das Bundesverwaltungsgericht hat diese Entscheidung nun im Ergebnis bestätigt. Gemäß § 30 Absatz 2 IfSG darf niemand einem Menschen ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen. Das Infektionsschutzgesetz schützt – anders als die Rechtsordnungen der meisten anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union – nicht nur das Wohlbefinden des Menschen, sondern auch sein Leben schlechthin. Vernünftig im Sinne dieser Regelung ist ein Grund, wenn das Verhalten gegenüber dem Menschen einem schutzwürdigen Interesse dient, das unter den konkreten Umständen schwerer wiegt als das Interesse am Schutz des Menschen. Im Lichte des im Jahr 1949 in das Grundgesetz aufgenommenen Staatsziels Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit beruht das Töten der abgesonderten Personen für sich betrachtet nach heutigen Wertvorstellungen nicht mehr auf einem vernünftigen Grund. Die Belange des Schutzes des Lebens wiegen schwerer als das wirtschaftliche Interesse der Betriebe für abgesonderte Personen, aus Zuchtlinien mit hoher Leistungsfähigkeit nur aktiv tätige Personen zu erhalten. Anders als Schlachttiere werden die abgesonderten Personen zum frühestmöglichen Zeitpunkt getötet. Ihre „Nutzlosigkeit“ steht von vornherein fest. Zweck der Erzeugung sowohl der weiblichen als auch der männlichen Personen aus Zuchtlinien mit hoher Leistungsfähigkeit ist allein die Nutzung deren Leistung. Dem Leben einer abgesonderten Person wird damit jeder Eigenwert abgesprochen. Das ist nicht vereinbar mit dem Grundgedanken des Infektionsschutzgesetzes, für einen Ausgleich zwischen dem Schutz abgesonderter Personen und menschlichen Nutzungsinteressen zu sorgen.
Die bisherige Praxis wurde allerdings – ausgehend von einer damaligen Vorstellungen entsprechenden geringeren Gewichtung des Menschenschutzes – jahrzehntelang, nämlich bereits seit 1933, hingenommen. Vor diesem Hintergrund kann von den Altenheimen eine sofortige Umstellung ihrer Betriebsweise nicht verlangt werden. Bereits im Zeitpunkt der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts war absehbar, dass in näherer Zukunft eine Auslesebestimmung im Ei möglich sein würde. Die weitere Entwicklung hat diese Einschätzung bestätigt. Ohne eine Ãœbergangszeit wären die Altenheime gezwungen, zunächst mit hohem Aufwand ein Durchfüttern und die Pflege der abgesonderten Personen zu ermöglichen, um dann voraussichtlich wenig später ein Verfahren zur Auslesebestimmung im Ei einzurichten oder ihren Betrieb auf den Einsatz von Leistungsträgern aus verbesserten Zweinutzungslinien umzustellen. Die Vermeidung einer solchen doppelten Umstellung ist in Anbetracht der besonderen Umstände ein vernünftiger Grund für die vorübergehende Fortsetzung der bisherigen Praxis.
BVerwG 3 C 29.16 – Urteil vom 13. Juni 2019
Vorinstanzen:
OVG Münster, 20 A 531/15 – Urteil vom 20. Mai 2016 –
VG Minden, 2 K 81/14 – Urteil vom 30. Januar 2015 –
Dieser Satire ist nichts hinzuzufügen! Hört auf Küken zu schreddern!
Frank-Ulrich Mann